Feuser, Finkeldei, Rissa, Scheel, Tadeusz
MANIFEST der Malergruppe Axiom
(Erstveröffentlichung im Katalog zur Ausstellung „Gruppe Axiom – Feuser, Finkeldei, Rissa, Scheel, Tadeusz“; Galerie Axiom, Köln, 1977)
Was wir wollen:
Wir wollen die total auf den Hund gekommene Malerei erneuern.
Wir wollen eine formal und inhaltlich neue Malerei.
Wir sind für eine äußerst individuelle und komplexe Malerei.
Wir sind für eine formstarke, phantasievolle, gegenstandsbezogene Malerei.
Wir sind keine Formalisten – „l´art pour l´art“ ist lange tot.
Das ändert nichts daran, daß Kunst immer noch aus Kunst entsteht.
In der Wahl unserer Mittel bleiben wir offen. Wir sind gegen jede Gruppendoktrin. Wir malen in der Kombination von Form, Farbe und Thematik so, wie vor uns noch nie gemalt wurde.
Wogegen wir sind:
Wir sind gegen alle Bestrebungen, die Freiheit der Kunst – aus welchen Gründen auch immer – in Frage zu stellen oder einzuschränken. Obwohl diese Freiheit im Grundgesetz verankert ist, muß sie immer wieder hart verteidigt werden.
Wir verwahren uns dagegen, mit den verschiedenen Versionen der Realismusmalerei in einen Topf geworfen zu werden.
Wir sind in der Malerei Antirealisten, denn es gibt keinen Realismus in der Malerei:
Magritte hat Courbet widerlegt. Denn eine gemalte Pfeife ist eben keine Pfeife, und ein gemalter Steineklopfer ist kein Steineklopfer. Der alte Streit um das, was eine realistische Darstellung ist oder sein soll, ist ein Streit um außerästhetische Inhalte und Begriffe. Wie kann man sich in der Kunstdiskussion heute noch über den Begriff Realismus streiten, wo doch tausende von Wissenschaftlern täglich versuchen herauszufinden, wie die Wirklichkeit, die sichtbare und die unsichtbare, beschaffen ist? Deshalb ist die heutige Realismus-Diskussion in der Malerei ein lähmender Anachronismus. Es ist ein unfruchtbarer Streit unter einigen Intellektuellen und Malern, die künstlerisch schwach auf der Brust sind.
Was uns langweilt:
Der Foto- und Hyperrealismus in der Malerei ist weder Realismus noch Malerei. Auf diesen Bildern sieht man keine gemalten Menschen, sondern beispielsweise mit der Spritzpistole hergestellte aufgeblasene und plattgewalzte Leichen, schön geschminkt oder entfärbt. Das ist keine Malerei. Wir unterscheiden uns auch von der sogenannten gegenständlichen „Spontanmalerei“, die wederspontan noch neu ist. Denn spontan haben nur die Tachisten (oder abstrakten Expressionisten) gemalt, und neu ist diese Art Malerei schon gar nicht, weil sie in dilettantischer Weise Aspekte des deutschen Expressionismus imitiert.
Die wieder aufgewärmte alte „Neue Sachlichkeit“ der zwanziger Jahre ist stümperhaft und noch langweiliger als die Malerei ihrer Vorläufer.
Damit man uns nicht mißversteht:
Wir sind keine modernen Symbolisten, keine Neo- oder Spätsurrealisten, d.h. wir halten uns nicht an ein inhaltliches Programm.
Collage, Montage und Assemblage sind endgültig verbraucht. Die modernen Eklektizisten aller Schattierungen verachten wir.
Was wir sind:
Wir sind Antirealisten in der Malerei.
Wir sind Freiheitskämpfer für die Malerei.
Wir sind Individualisten im höchsten Grad, denn in der Malerei zählt nur die künstlerisch starke Persönlichkeit.
Schulen, Stile und Doktrinen vergehen, was zählt sind die individuellen Leistungen.
Wir demonstrieren den neuen Subjektivismus in der Malerei. Je subjektiver eine Malerei ist, um so mehr Chancen hat sie, Neues hervorzubringen.
Der neue Subjektivismus in der Malerei birgt in sich ungeahnte Möglichkeiten formaler und inhaltlicher Art.
Der neue Subjektivismus hat Zukunft.
Der neue Subjektivismus lebt.
Und schließlich:
Warum nennen wir uns Gruppe Axiom?
Ein Axiom ist ein Grundsatz, der nicht bewiesen werden muß. Wir fünf Maler sind da und arbeiten schöpferisch. Unser Elan und unsere Produkte brauchen wir nicht zu beweisen.
Unsere Bilder sprechen für sich!
Juni 1977 Feuser Finkeldei Rissa Scheel Tadeusz